Bang Your Head 2018 - Balingen
05.08.2018 | 18:1612.07.2018, Messegelände
BANG YOUR HEAD 2018: 20jähriges Open Air Jubiläum!
Schönes Wetter begrüßt uns auch am zweiten Tag, auch wenn es für Metal eigentlich noch ein bisschen früh ist. Aber die ersten Unentwegten stehen vor der Bühne, also rein ins Gewühl!
Bis wenige Minuten vor dem eigentlichen Start ins Tagesgeschehen ist es ruhig am Festival-Gelände. Zwar wird an allen Ecken und Enden emsig gearbeitet und auch auf der Bühne selbst herrscht bereits reges Treiben, allzu viele Fans haben sich aber noch nicht eingefunden als ALPHA TIGER loslegt. Den Weckruf der Sachsen mit dem Titel 'Lady Liberty' scheint aber dann doch eine ganze Menge Fans verstanden zu haben und so finden sich im Verlauf der 50 Minuten Spielzeit mehr und mehr Leute vor der Bühne ein. Die Jungs haben ein riesiges Backdrop angebracht und setzen generell auf ein einheitliches optisches Erscheinungsbild. In dieses hat sich Benjamin Jaino längst perfekt eingefügt und auch die Stimme des jungen Mannes passt ganz vorzüglich zu den melodischen Kompositionen der Band.
Zwar wirkt sein Bühnengehabe noch ein wenig schüchtern, im Verlauf der Spielzeit merkt man Benjamin jedoch sehr wohl eine gehörige Portion Selbstvertrauen an. Seine Performance wird nämlich umso besser, je länger ALPHA TIGER dem Publikum einheizt. Auch seiner Aufforderung zum Mitmachen folgen nach und nach mehr Fans vor der Bühne, um die Jungs bei Tracks wie dem atmosphärischen 'Long Way To Redemption' zu unterstützen. Spätestens mit dem Abschlusstrack 'If The Sun Refused To Shine' steht fest, dass die Burschen einen durchaus erfolgreichen Auftritt absolviert haben. Diese von IRON MAIDEN-lastigen Gitarrenharmonien durchzogene Nummer wird im Bereich vor der Bühne nämlich wirklich lautstark bejubelt. Sehr zur Freude von Benjamin, der sich schlussendlich von der Publikumsresonanz beeindruckt zeigt und sich höflich und auf überaus sympathische Manier bedankt.
[Walter Scheurer]
Auch wenn man als einigermaßen regelmäßiger Konzertbesucher diese Jungs aus dem kanadischen Edmonton in den letzten fünf Jahren mit Sicherheit schon irgendwann in irgendeinem Club gesehen hat, steht für viele Zuseher eine Premierenfeier an. In einem solchen Rahmen, sprich auf einer so großen Bühne, haben wohl noch nicht allzu viele Metaller STRIKER live erlebt.
Das Quintett erweckt allerdings nicht den Eindruck, in irgendeiner Form nervös zu sein, sondern wuselt von Beginn an hochmotiviert und voller Selbstbewusstsein über die Bretter. Allen voran Sänger Dan Cleary, dem schon nach wenigen Minuten der Schweiß von der Stirn rinnt. Seine Lederjacke legt der Vollblut-Frontmann aber trotz sengender Mittagshitze nicht ab. Schwindende Kondition scheint für ihn aber ohnehin kein Thema zu sein. Im Gegenteil, der Auftritt scheint den jungen Mann dermaßen anzustacheln, dass seine Laufleistung gegen Ende hin sogar noch intensiver ausfällt. Wie seinen Kollegen ist auch Dan anzumerken, dass sich das überaus intensive Tour-Programm in der letzten Dekade ausgezahlt hat, denn STRIKER erweist sich auf der einen Seite immer noch jugendlich-ungestüm und unglaublich spielfreudig, auf der anderen jedoch routiniert genung, um zu wissen, wie man ein Publikum anstachelt und zum Mitmachen animiert.
Nicht zuletzt deshalb wird der Auftritt für STRIKER auch zu einem wahren Triumphzug. Vor allem die Dankesrede von Dan an Deutschland und seine Metal-Heads, aber auch die Story von seinem "Jugendtraum", einmal im Leben in Balingen auf der Bühne stehen zu dürfen, wird lautstark bejubelt. Doch auch der Hinweis auf das nächste Album, das im Oktober erscheinen wird, sorgt für Euphorie vor der Bühne. Die daraus vorgestellte Nummer 'Heart Of Lies' lässt ein sehr geiles Gerät erwarten. Doch auch hier in der Gegenwart bzw. in Balingen wissen diese "Canucks" zu gefallen, weshalb es kaum verwundert, dass STRIKER nach 'Fight For Life' mit unüberhörbaren "Zugabe"-Rufen von der Bühne begleitet wird. Thumbs Up!
Setliste: Former Glory; Born To Lose; Pass Me By; Lethal Force; Crossroads; Too Late; Out For Blood; Heart Of Lies; Full Speed Or No Speed; Phoenix Lights; Fight For Your Life
Die Pause, sich von den "Geschossen" der Kanadier zu erholen, wirkt knapp, schließlich will jeder der Anwesenden auch getränketechnisch entsprechend versorgt sein, bevor es weitergeht. Von daher ist Eile geboten, um nichts zu verpassen. Zumal auf der Bühne alles blitzschnell und dem Zeitplan entsprechend vorangeht und MONUMENT pünktlich wie die Maurer vor einer sehenswerten Kulisse loslegen kann. Neben einem Backdrop sind weitere Aufsteller in den "Vereinsfarben" mit Flammen-Optik platziert und selbst die Sichtfläche des Drum-Podests hat man damit verziert. Die Band fügt sich prima in dieses Bild ein und wirkt fast uniformiert. Zu einer Einheit ist der Fünfer aus dem Londoner East End längst gewachsen, was sich nicht zuletzt an der Klasse des aktuellen Drehers "Hellhound" erkennen lässt.
Von diesem stammt auch ein großer Teil der Songs, die dargeboten werden. Doch die vom gebürtigen Griechen Peter Ellis angeführte Truppe vergisst selbstredend auch ihre früheren Werke nicht und kredenzt mit 'Fatal Attack' sogar die allererste Single der damals eben erst gegründeten Band. Seit diesem Zeitpunkt, sprich in den letzten sieben Jahren, hat MONUMENT gehörig auf sich aufmerksam machen können. Kein Wunder, der melodische Heavy Metal in typisch britischer Machart wird vom Quintett nun einmal tadellos intoniert und kommt daher auch entsprechend gut an. Peter hat zwar noch nicht die Entertainer-Qualitäten diverser Kollegen, seine Fitness lässt ihn aber konditionell schon mit den ganz großen seiner Zunft mithalten. Ein Wahnsinn, wie es der Kerl schafft, permanent mit Vollgas über die Bretter zu fegen und dabei noch nicht einmal ansatzweise außer Atem zu geraten! Schwer ins Schwitzen gerät aber trotzdem, das liegt aber an der Sonne und seiner geschätzt 15 kg schweren, nietenübersäten Lederjacke.
Als große Geste empfindet das Publikum auch seine Dankesrede, in der Peter nicht nur den Veranstaltern selbst, sondern auch den Kollegen am Mischpult, den Licht-Technikern und allen anderen engagierten Menschen, die für den wunderbaren, reibungslosen Ablauf dieses Festivals ihren Beitrag leisten Tribut zollt. So macht man sich Freunde! Und wenn dann auch noch die Mucke entsprechend fein ist, wie eben bei MONUMENT, umso mehr. Anzunehmen, dass diese Band schon bald zu späteren Spielzeiten auf Bühnen darf. Zu Recht, denn mit 'The Chalice', 'Attila', 'Olympus' sowie dem Finale 'Lionheart' hat der Fünfer jede Menge Live-Abräumer im Angebot, die heute besonders gut funtionieren. Dafür, aber auch für ihr sympathisches Aufteten, wird MONUMENT mit reichlich Applaus verabschiedet.
Allen Unkenrufern im Biz zum Trotz besteht sehr wohl immer noch die Chance für hart arbeitende Bands richtig durchzustarten. Der Aufstieg selbst zeigt sich nicht zuletzt daran, wie weit sich eine Band im Laufe der Jahre innerhalb eines Festivals-Billings hocharbeiten kann. POWERWOLF, das Paradebeispiel dafür etwa, hat am Samstag die Möglichkeit, allen zu beweisen, weshalb man sie beim dritten Auftritt in Balingen als Headliner verpflichtet hat. Mit NIGHT DEMON steht einen Tag zuvor eine Formation auf der Bühne, die das Zeug hat, einen ähnlichen Erfolgslauf zu absolvieren. War schon das Balingen-Debüt des Trios 2016 viel umjubelt, so muss man heute schon vor Beginn des Sets respektvoll den Hut ziehen, denn der Andrang vor der Bühne am frühen Nachmittag ist schlicht gewaltig.
Das wissen Bassist/Sänger Jarvis Leatherby, Gitarrist Armand John Anthony und Drummer Dusty Squires auch zu schätzen und legen mit Vollgas los. Das "Motto" des Openers 'Welcome To The Night' mag ob der Tageszeit noch ein wenig eigenwillig anmuten, spätestens jedoch ab 'Full Speed Ahead', das ansatzlos darauf folgt, ist klar, dass hier Musiker auf der Bühne stehen, die jeden Ton und jede einzelne Silbe nicht nur ernst nehmen, sondern dafür leben. Die Spielfreude ist immens, das Energie-Level unglaublich und die für ein Trio vermeintlich überdimensionierte Bühne wird ebenso bestens ausgenutzt wie der Laufsteg. Es sieht einfach grandios aus, wenn sich Jarvis und Armand mit ihren "Flying V"-Geräten nach vorne begeben, posen was das Zeug hält und permanent mit den Zuschauern interagieren.
Wer sich dermaßen um die Fans bemüht, erntet selbstredend auch zu Recht entsprechende Reaktionen. So sind etwa bei 'Heavy Metal Heat' die Publikumgesänge bis weit hinten im Pulk mitzuerleben. Doch nicht nur die Zuseher sind begeistert bei der Sache, auch"Gevatter Tod" - seit jeher ein gerne gesehener Gast bei NIGHT DEMON - besucht die drei Musikern bei 'The Chalice' auf der Bühne und sorgt für ein wenig zusätzliche Show.
Jarvis ist ob der gewaltigen Publikums-Reaktion schwer begeistert und bedankt sich auf höfliche Art und Weise mit dem Hinweis darauf, dass Deutschland inzwischen so etwas wie die zweite Heimat für NIGHT DEMON geworden ist. Und weil der Kerl nicht nur ganz genau weiß, wie man sich Freunde macht, sondern auch, wie man diese bei Laune hält, kredenzt NIGHT DEMON als Hommage an die deutschen Rockmusik-Liebhaber ein besonderes Schmankerl. Bei der hingebungsvollen Darbietung von 'In Trance' brechen dann endgültig alle Dämme und teilweise sogar Tränen der Rührung aus. NIGHT DEMON hat definitiv beim Publikum gewonnen und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir die drei Helden - die mit einer mächtig bretternden Version ihrer Bandhymne ihren zweiten Auftritt in Balingen unter lautstarkem Jubel zu Ende bringen - nicht noch einmal, dann jedoch erneut um einige Positionen weiter oben im Billing, sehen werden. Chapeau!
Setliste: Welcome To The Night; Full Speed Ahead; Life On The Run; The Howling Man; Dawn Rider; Stranger In The Room; Heavy Metal Heat; The Chalice; In Trance; Black Widow; Night Demon
[Walter Scheurer]
Für JAG PANZER war das BANGE YOUR HEAD stets ein gutes Pflaster, auch wenn es sturmbedingt einmal nur für drei Songs gereicht hat. Doch ausgiebig gefeiert wurde die Truppe um die Sympathieträger Harry Conklin, Rikard Stjernquist und Mark Briody am Fuße der Zollernalb immer, weshalb sich das Quintett aus Colorado auch heuer gerne wieder zum Gastspiel auf die Balinger Bühne stellt. Leider fehlen von der Stammbesetzung dieses Mal aus terminlichen Gründen Basser John Tetley und Leadgitarrero Joey Tafolla, die jedoch von Aric Avina (BENEDICTUM) und Ken Rodarte sehr würdig vertreten werden.
Die zu bewältigende Aufgabe ist keine leichte, denn es gilt zum einen, das neue Album "The Deviant Chord" live zu präsentieren, zum anderen aber auch genug alte Hits in die knappe Nachmittagsspielzeit zu packen, damit auch die nicht allzu sehr mit dem aktuellen Schaffen der Band vertraute Festivalbangerschaft auf ihre Kosten kommt. So steigt die Band gleich mit 'Far Beyond All Fear' ins Set ein, das eines der Highlights der aktuellen Scheibe ist, und wird später noch das irische Traditional 'Foggy Dew' nachlegen. Harry Conklin ist einmal mehr blendend bei Stimme, und er sieht auch richtig gut aus heute! Die Mähne ist merklich gewachsen, und merklich ergraut, dafür das Outfit viel schlichter und unauffälliger als früher. Es sieht aus, als hätte der Mann riesigen Spaß und sei mit ganzem Herzen dabei. Dasselbe gilt für Mark Briody, der für allerlei Spaß zu haben ist und beim letzten Song des regulären Sets komplett verschwindet. Jeder sucht den guten Mark, bis man langsam merkt, dass der Lockenkopf den ganzen Song über Gitarre spielend durch die ersten zehn Reihen vor der Bühne wandert und mit den Fans abrockt.
Die Setliste präsentiert einen feinen Querschnitt durch fast alle Schaffensphasen, wobei in einer Dreiviertelstunde natürlich nicht alle Klassiker Platz finden. Dennoch räumen bewährte Livehits wie 'Chain Of Command', 'Harder Than Steel', 'Iron Eagle' und das endlich wieder ins Set zurückgekehrte 'Shadow Thief' gnadenlos ab. Schön ist die kleine Überraschung 'Achilles' vom gerne mal übersehenen Album "Casting The Stones", und auch ein kurzes Drumsolo, bei dem Rikard alles gibt, fügt sich gut ins Set ein. Dass nach 'Warfare' noch nicht ganz Schluss sein würde, ahnen die meisten; der eine oder andere (yours truly!) schreit ein zaghaftes "No Mercy" übers Messegelände und, na klar, der gnadenlose letzte, umwerfende Pfeil ist noch im Köcher und wird jetzt abgeschossen: 'Generally Hostile' schickt die glückliche Panzerbrigade gen Glückseligkeit. Danach bleibt noch etwas Zeit, die Band angemessen zu feiern, sich mit Plektren und Drumsticks beschenken zu lassen und sodann zu verabschieden. Es war uns wie immer eine Ehre, die Herren!
Setliste: Far Beyond All Fear; Chain Of Command; Achilles; Harder Than Steel; Black; Iron Eagle; Foggy Dew; Shadow Thief; Warfare; Generally Hostile
[Rüdiger Stehle]
Man mag von der Intention des Herrn LEONI halten was auch immer man will, Fakt ist, dass die Vorfreude auf die Vorstellung von Leo und seinen Mitstreitern (konkret: sein GOTTHARD-Kollege Hena Habegger am Schlagzeug, Bassist Mila Merker, der frühere U.D.O.-Gitarrist Igor Gianola sowie LORDS OF BLACK-Sänger Ronnie Romero) riesig ist. Als das Quintett nämlich die Bühne betritt, um mit 'Higher' die Show zu eröffnen, herrscht bereits beste Stimmung im Publikum. Irgendwie auch logisch, schließlich zählt GOTTHARD mit zu jenen Bands, die immer wieder gerne in Balingen willkommen geheißen werden. Da CORELEONI zudem auf am besten zum Abrocken geeigneten Tracks aus dem Portfolio der Eidgenossen setzt, hat die Formation leichtes Spiel die Fans bei Laune zu halten. Überaus positiv fällt der von Beginn an auch fette Live-Sound auf, der vor allem das Arbeitsgerät des Namensgebers grandios erschallen lässt.
Auch was die Show selbst betrifft ist es in erster Linie Leo, der sich in Szene setzt und immer wieder an den Bühnenrand kommt, um die Zuseher zusätzlich anzufeuern. Seine beiden Kollegen an den Saiteninstrumenten dagegen belassen es bei einer eher unauffälligen, wenn auch mehr als nur soliden Darbietung. Besonders gespannt ist man aber auf den gebürtigen Chilenen Ronnie, der auf dem Debütalbum des Unternehmens mehrfach unter Beweis stellen konnte, wie nahe er stimmlich an den tragisch ums Leben gekommenen Steve Lee heranzukommen vermag. Das schafft er auch live! Auf imposante Weise obendrein! Allerdings ist er von den Frontmann- und Entertainer-Qualitäten des unvergessenen GOTTHARD-Sängers noch weit entfernt. Zwar versteht es der durchaus sympathische wirkende Südamerikaner mit seinen Ansagen, die Stimmung aufrecht zu erhalten, ein klein wenig verschlossen, ja fast schüchtern wirkt er aber dennoch.
Das Publikum nimmt ihm das aber auf keinste Weise krumm. Warum auch. Solange er eine dermaßen astreine Gesangsperformance auf die Bretter legt wie hier, ist alles in bester Ordnung. Logisch also, dass CORELEONI für eine amtliche Party auf dem Gelände sorgt, die in 'Downtown', 'Firedance' und 'Mountain Mama' ihre (zumindest im Pulk empfundenen) Stimmungs-Höhepunkte hat. Mal schauen, wie es mit dieser Formation (aber auch mit GOTTHARD.) weitergeht, schließlich dürfte Leo das Debüt nicht ganz ohne Hintergedanken "The Greatest Hits Part 1" betitelt haben...
Setliste: Higher; Standing In The Light; Downtown; Fist In Your Face; Walk On Water; Firedance; Anytime Anywhere; Tell No Lies; Make My Day; Mountain Mama; She Goes Down; Here Comes The Heat
In der Halle gibt es derweil GOD DETHRONED. Dass ich jetzt ein paar Worte über die Niederländer verliere, zeigt schon, dass von unserer Redaktion niemand so richtig in die Halle will. Leo Leoni und seine hartrockende Truppe und danach auch ABBATH ziehen uns alle offensichtlich mehr an. Trotzdem schaue ich mal rüber und lasse mir zwei Lieder lang echten Death Metal um die Ohren hauen. Technisch sind die Jungs gut, aber wie es zu erwarten war, reißt es mich nicht mit. Die Melodien sind okay, kommen aber nicht so zwingend rüber, stattdessen dominiert eine gewisse Brachalität. Passt zur Musik, passt den Fans, passt weiterhin aber auch gut ohne mich. Da ich nichts Fundiertes über Band und Historie sagen kann, belassen wir es dabei, dass eine nicht übermäßig große Schar dem Gig beiwohnt, aber dabei ganz offensichtlich durchaus viel Spaß hat. Dass das BANG YOU HEAD-Publikum nur bedingt ein GOD DETHRONED-Publikum ist, war den Schwermetallern aus unseren Nachbarland sicher auch klar und sie legen sich überzeugend ins Zeug. Ich gehe jetzt aber mal dem einzigen Panda des Festivals lauschen.
Black Metal ist ganz offensichtlich keine der Hauptdisziplinen des BANG YOUR HEAD-Festivals. Nur wenige große und so gut wie keine kleinen Black-Metal-Bands haben sich bisher nach Balingen verirrt, doch der Chefpanda der Szene, Meister ABBATH höchstselbst, war mit IMMORTAL schon einmal vor Ort und bekam von den Fans sein plüschig-bäriges Ebenbild überreicht. Das machte ihm offenbar so warm ums Herz, dass er sich nun auch nach der Trennung von seiner Stammband wieder ins Schwabenland begibt, um unter gleißender Sonne bei fraglicher kühlender Effektivität den Winter zu besingen.
Nun, ABBATH tut auch gut daran, sich wieder ins Spiel zu bringen und Präsenz zu zeigen, denn jetzt, wo die ehemaligen Kollegen ihr bärenstarkes neues Album veröffentlicht haben, muss er Boden gutmachen, und die Bühne war hierfür stets sein bevorzugter Ort, denn ein Unikat und ein charismatischer Frontmann ist Abbath Doom Occulta nach wie vor und er hat das ganze Repertoire nach wie vor parat: den Crabwalk, das knarzig-knurrige Lachen, die schwarzhumorige Art, das Publikum zu führen. Seine Mitstreiter, darunter Raud an der Klampfe und Ukri an der Schießbude, wirken daneben sicher eher blass und zurückhaltend, doch das überrascht nicht; ABBATH ist halt im Wesentlichen doch die Show ihres Protagonisten, und dafür bringen sich die Sidekicks wirklich gut ein.
Das Programm, das Abbath & Co. für uns zusammengestellt haben, belegt dann allerdings, dass der Meister von den Stärken seines neuesten Solowerks durchaus nach wie vor überzeugt ist, denn er steigt nicht mit den IMMORTAL-Klassikern ins Konzert ein, sondern direkt mit einem Dreifachschlag vom noch aktuellen Album, woran sich mit 'Warriors' eines der größten Highlights des I-Albums "Between Two Worlds" aus dem Jahr 2006 anschließt. Später kommt noch ein weiteres aktuelleres Stück, doch im Übrigen weiß Abbath natürlich, dass die Leute auch IMMORTAL-Songs hören wollen, und von selbigen hat er ganze sechs Stück im Gepäck, welche (ein wenig zum Leidwesen der Schwarzmetaller der alten Schule) den Schwerpunkt auf die Alben "Blizzard Beasts", "Sons Of Northern Darkness" und "All Shall Fall" legen, von denen je zwei Songs zu hören sind. Von den drei Black-Metal-Klassikern der Frühphase und dem wohl beliebtesten Album "At The Heart Of Winter" gibt es dagegen überhaupt nichts zu bejubeln.
Das macht die Sache dann unterm Strich für einen langjährigen Fan wie mich ein wenig zwiespältig. Sicherlich hat sich Abbath gedacht, dass er beim traditionsmetallisch orientierten Balinger Publikum mit den groovenden, rockenden und getragenen Nummern seiner Diskographie besser ankommt, und das mag auch zutreffen; aber wenn der rasende und klirrende nordländische Schneesturm so gar nicht fegen will, dann fehlt halt doch auch ein bisschen was. Dennoch keine schlechte Vorstellung der Norweger, die allerdings noch ein wenig wie ein Fremdkörper im Altmetallmekka wirken.
Setliste: To War!; Winterbane; Ashes Of The Damned; Warriors (I); Nebular Ravens Winter (IMMORTAL); In My Kingdom Cold (IMMORTAL); Tyrants (IMMORTAL); The Rise of Darkness (IMMORTAL); One By One (IMMORTAL); Count the Dead; All Shall Fall (IMMORTAL)
[Rüdiger Stehle]
So düster die Klänge auch sein mögen, die am Spätnachmittag auf der Open Air-Bühne von ABBATH und seinen Kollegen verbreitet werden, der Unterhaltungswert des Norwegers ist immens. Und zwar so sehr, dass ich sein nach heiserem Papagei klingendes "Ich bin ABBATH and will bring the darkness" noch lange nach diesem Wochenende im Ohr habe. Selbstredend auch bei den ersten Ansagen von Klaus Dierks, der nahezu jede Pause zwischen den Songs nutzt, um mit dem Publikum zu interagieren und ein klein wenig Werbung für MOB RULES zu machen. Er und seine Kollegen können meinen "Ohrwurm" auch bald ins Hinterstübchen jagen (wenn auch nur kurzfristig, eine hysterisch plärrende Oma an der Bus-Haltestelle auf der Rückfahrt bringt mir den schwarz-weiß bepinselten Kollegen rasch wieder ins Gedächtnis....), schließlich hat MOB RULES nicht nur eine Menge gelungene Songs auf Lager, sondern auch eine ansprechende Performance.
Klaus weiß zudem mit norddeutschem Charme und entsprechendem Humor zu punkten, versteht aber selbstredend nach inzwischen gut 25 Jahren im Business auch etwas vom Geschäft. Seine Hinweise auf das im August erscheinende neue Album "Beast Reborn“ machen auf jeden Fall Sinn, allerdings wird vom mächtigen Backdrop im Artwork dieser Scheibe hinter der Band ohnehin schon unmissverständlich klargemacht, was Sache ist. Die Scheibe dürfte auch sehnsüchtig erwartet werden, zumindest ist die Publikumsreaktion auf die erste Single 'Ghost Of A Chance' durchaus als euphorisch zu betrachten. Nachvollziehbar, schließlich fügt sich die Nummer auch wirklich gut zwischen die anderen Tracks ein und glänzt einmal mehr mit einem ausladenden, aber dennoch straffen Arrangement. Die Setlist an sich ist gut ausgewogen und beinhaltet ältere Ohrwürmer wie 'Black Rain' ebenso wie Auszüge des letzten Drehers "Tales From Beyond", von dem unter anderem 'Somerled', 'On The Edge' und 'My Kingdom Come' zur Freude der Fans dargeboten werden.
Auch an der Performance gibt es nicht viel zu lästern, die Show wirkt zwar durchstrukturiert, jedoch bleibt genügend Platz für Spontanität. Wie Klaus beweist, als er bemerkt, dass sich in der ersten Reihe schon tatsächlich Fans in "Beast Reborn"-Shirts eingefunden haben. Aber nicht nur der Frontmann hat einen guten Tag, auch die beiden Gitarristen Sven Lüdke und Sönke Janssen und Keyboarder Jan Christian Halfbrodt lassen nichts anbrennen und erhalten bei den Instrumental- und Solo-Passagen reichlich Applaus. Auch Sound und Licht wirken den Songs entsprechend austariert, wobei vor allem der Klang begeistert, schließlich klingt die Chose selbst im äußersten Bereich an der Seite neben der Bühne - sprich unmittelbar neben den Boxen - weder zu laut, noch in irgendeiner Form unsauber. Gute Show, Applaus!
[Walter Scheurer]
Es ist kaum zu glauben, aber OVERKILL hat bereits achtzehn Studioalben veröffentlicht! Nur mal als Vergleich, bei IRON MAIDEN sind es zwei weniger. Da ist es Zeit, dass die Band endlich höher auf den Festivalbillings auftaucht und mal eine ordentliche Spielzeit bekommt. Die Mannen um ihr Aushängeschild Sänger Blitz Ellsworth und D.D. Verni, die beiden einzigen verbliebenen Gründungsmitglieder der New Jerseyer, sind eine echte Bank im Thrashzirkus. Sie haben ihren Stil gefunden, sich ihre Nische in der Metalszene geschaffen und sie schwarz und grün lackiert. Genauso hat die Band auch ihre Show gefunden, die aus recht üblichen Posen und Headbanging besteht und der typischen "ich renne auf die Bühne und bin gerade noch pünktlich zu meinem Einsatz am Mikro"-Routine des Frontmannes. Apropos Frontmann: Herrje, Blitz, was ist denn das für ein Bart? Das sieht ja schrecklich aus!
Aber zurück zum Auftritt. Mit achtzehn Alben ist es natürlich schwierig, eine Setliste zusammenzustellen, aber OVERKILL macht es wie die meisten Bands: Man nehmen zwei Songs vom aktuellen Album, ein paar wenige von den letzten davor, und dann Klassiker. Allerdings gehen die Klassiker bei OVERKILL bis zum fünften Album, dem 1991er "Horrorscope". Damit ist für eine Setliste gesorgt, die immerhin acht Alben abdeckt bei nur dreizehn Liedern. Das Debüt darf sogar dreimal ran, wobei die bekannteste Bandhymne 'Rotten To The Core' schon an zweiter Stelle nach dem aktuellen Opener 'Mean, Green, Killing Machine' für Stimmung sorgt. Das Publikum vor der Bühe feiert, der Rest schaut wohlwollend zu, es ist eindeutig, dass OVERKILL nicht den allgemeinen Geschmack trifft, aber bei Thrash ist das natürlich auch immer recht schwierig, doch es ist auffällig, dass die Euphorie nicht einmal bis zum Sounddesk zurückreicht.
Wobei ich das durchaus verstehen kann. Der charakteristische Stil und Sound der Band gefällt mir auf jedem Album gut, aber leider tue ich mich häufig schwer, Lieder auseinanderzuhalten. So ist auch die Machart der Stücke häufig ähnlich und vor allem sind viele der Kompositionen schlicht zu lang, um live auf Dauer Begeisterung bei mir auszulösen. Das ist alles gut, aber mir fehlt die Abwechslung. Obendrein finde ich weder, dass 'Fuck You' so ein tolles Lied ist, noch, dass ein Festival mehr Mittelfinger und F-Worte benötigt. Ich hätte einen Vorschlag für die Zukunft: Verwurstet einige Lieder zu Medleys, nehmt 'Years Of Decay' in die Setliste auf für die Abwechslung und schmeißt 'Fuck You' raus. Ansonsten finde ich 70 Minuten leider schon beinahe zuviel, sodass ich mir ab 'Goddamn Trouble" den Rest von weiter entfernt und im Sitzen ansehe, wie viele Fans, die auf ACCEPT warten, es ebenfalls tun.
Setliste: Mean, Green, Killing Machine; Rotten To The Core; Electric Rattlesnake; Hello From the Gutter; In Union We Stand; Coma; Infectious; Goddamn Trouble; There's No Tomorrow; Ironbound; Elimination; Fuck You; Sonic Reducer
Mit CRAZY LIXX steht eine Band auf der Hallenbühne, die beim BANG YOUR HEAD-Festival längst auf eine gehörige Fanschar setzen kann, schließlich sind sowohl die Premiere auf der großen Open Air-Bühne 2013, als auch die erste Hallenshow anno 2015 durchaus erfolgreich verlaufen. Kein Wunder also, dass der Andrang in der "Messehalle" gewaltig und die Stimmung prächtig ist, als die Band mit 'Wild Child' und viel Elan die Show eröffnet.
Besonders überraschend wirkt die Pyro-Show, nicht zuletzt, weil ja LORDI ohne eine solche auskommen musste. Der Grund der pompösen Show liegt jedoch auf der Hand, schließlich nimmt die Band diese Show für ihre erste DVD-Veröffentlichung auf. Klar, dass dabei auch diverse optische Besonderheiten mit dabei sein müssen, so etwa bei 'XIII', bei dem sich Sänger Danny Rexon eine "Jason Voorhees"-Maske aufsetzt, um die Nummer zum Besten zu geben. Besonders imposant erweist sich in diesem Track die Tatsache, dass der Gesang eigentlich einwandfrei verständlich klingt, obwohl nicht mehr als ein kleiner Schlitz im Bereich der Mundpartie zu erkennen ist. Sachen gibt's...
Doch nicht nur die flotten Feger von CRAZY LIXX funktionieren, auch eher getragenere Tracks wie etwa 'Children Of The Cross' werden abgefeiert. Der ständige Wechsel von gemäßigtem auf heftiges Material und wieder zurück stellt sich im Endeffekt als optimal heraus, denn sowohl die Fans als auch die Band kommen immer wieder mal zu Verschnaufpausen. Da es danach zumeist wieder mit Vollgas zur Sache geht, treibt CRAZY LIXX das Klima in der Halle auf ein bemerkenswertes, saunaartiges Level. Zeit also für zusätzliche Entspannung und eine Abkühlung.
Für die sorgt Danny, der auch als Alleinunterhalter mit der akustischen Gitarre eine gute Figur abgibt. Vor allem die semi-akustische Variante von 'Walk The Wire', zu der sich seine Kollegen dann wieder zu ihm gesellen, wird frenetisch bejubelt. Da die Temperaturen in der Halle inzwischen aber trotzdem gen tropisch tendieren, haben sich Danny und seine Kollegen längst der Oberbekleidung entledigt. Sehr zum Jubel der weiblichen Zuseher in den ersten Reihen, die ihren Gefallen an den Jungs lautstark kundtun.
Applaus gebührt den Burschen aber auch für ihre körperliche Verfassung, denn von konditionellen Schwächen ist nichts festzustellen. Im Gegenteil, gegen Ende hin wird es sogar noch einmal so richtig heftig. Schließlich beendet der inzwischen schweißgebadete Fünfer mit der Vollgas-Hymne '21 Til I Die' seinen Auftritt und entlässt das nicht minder klitschnasse Publikum in den weiteren Abend. Applaus!
Setliste: Wild Child; Hell Raising Women; XIII; Children Of The Cross; Riot Avenue; Lock Up Your Daughter; Walk the Wire; Rock And A Hard Place; Blame It On Love; Whiskey Tango Foxtrot; Girls of the 80's; Killer; 21 Til I Die
[Walter Scheurer]
Der heutige Headliner heißt ACCEPT. Wir hatten einige Diskussionen bezüglich der Frage, was denn nun besser sei, ACCEPT oder DIRKSCHNEIDER. Da letzterer in zwei Wochen auf dem Rock Of Ages-Festival spielen wird, werde ich schon bald die Frage beantworten können, obwohl es natürlich letztlich egal ist. Jetzt ist Zeit für Hoffmann und Baltes und ihr Team, das unter der Originalflagge segelt. Dabei muss ich sagen, dass ich ja vor drei Jahren mutmaßte, dass diese Inkarnation ACCEPTs möglicherweise ihren Zenith erreicht hatte nach den drei brillante Alben "Blood Of The Nations", "Stalingrad" und "Blind Rage". Damals war eigentlich alles perfekt, doch ACCEPT weiß, dass es nur Gemaule einbringt, einfach nochmal das gleiche zu machen, angereichert mit ein paar Liedern vom aktuellen Album "The Rise Of Chaos", das für mich übrigens das viertbeste der Alben nach dem letzten Split von Udo Dirkschneider ist. Ja, genau, es gibt auch nur vier Scheiben. Dass natürlich von diesem Werk einige Lieder gespielt werden würden, ist klar, die Frage ist, was passiert noch?
ACCEPT hat sich etwas Besonderes ausgedacht. Anstatt der üblichen Verdächtigen ist die heutige Setliste mit Ungewöhnlichem gespickt. Es gibt nur sechs Überschneidungen zu dem Auftritt 2015! Stattdessen werden einfach andere Lieder derselben Alben aus dem Köcher gezogen, darunter einige, mit denen ich nie gerechnet hätte. So lässt ACCEPT beispielsweise "Blind Rage" mal komplett weg, und auch von "Stalingrad" gibt es nur 'Hellfire', dafür natürlich eine größere Portion vom neuen Album. Dazwischen einige unerwartete Stücke, die lange nicht mehr oder von dieser Besetzung der deutschen Vorzeige-Metaller noch nie gespielt wurden. Gleich früh gibt es 'Starlight' und in der Mitte des Sets 'T.V. War'. Natürlich geht es dann im zweiten Teil, eingeleitet durch das unvermeidliche 'Princess Of The Dawn', klassisch zu, wenn auch weiterhin nicht so leicht vorhersehbar. Oder hätte jemand mit 'Objection Overruled', 'Ahead Of The Pack' oder 'Demon's Night' gerechnet?
Die Show ist allerdings gleich geblieben. Weiterhin stehen die beiden Ur-ACCEPT'ler im Mittelpunkt. Wolf Hoffmann an seiner Gitarre und Peter Baltes am Bass sind die Bandleader, sie bekommen das Rampenlicht, wann immer sie wollen, der Rest der Band verhält sich im Hintergrund, selbst Sänger Mark Tornillo überlässt die Pole Position den beiden Deutschen, wann immer ihnen danach ist, und macht nur kurze Ansagen, wenn überhaupt. Und es ist ihnen häufig danach. Das Posing kennt man natürlich schon, aber es gehört auch zu jedem Auftritt der Band dazu. Beide spielen einen ausgedehnten Solopart, der durchaus unterhaltsam ausfällt, und lassen sich für bekannte Brecher wie 'Metal Heart' oder 'Fast As A Shark' feiern, wobei allerdings nichts spontan wirkt und Posen und Witzchen einstudiert sind. Es ist eben eine Show, und eine solche sollte ein Headliner auch abliefern auf einem großen Festival. Die Band spielt dann als Zugabe das zu erwartende 'Balls To The Wall', doch ein Blick auf die Uhr verrät, dass die Spielzeit noch nicht vorbei ist. Und so gibt es als Nachschlag heute 'I'm A Rebel' und 'Burning', was mich ebenfalls verwundert, hatte ich doch eher mit den heute vernachlässigten 'Restless And Wild' und 'London Leatherboys' gerechnet.
Accept hat einen ungewöhnlichen Gig für Fans gespielt, da die Band wusste, dass es heute ein Heimspiel werden würde. Ich denke, diese Setliste wird einmalig bleiben, auch wenn eventuell in Zukunft der eine oder andere der ungewöhnlichen Songs seinen Weg auf die Bühne wird finden mögen, in dieser Ballung erwarte ich das nicht mehr. So endet der zweite Festivaltag auf der Hauptbühne mit diesem denkwürdigen Gig, der wegen des Charakters des Ungewöhnlichen nicht auf Augenhöhe mit 2015 verglichen werden kann. So gesehen ist 2015 noch ungeschlagen, aber heute spielte ACCEPT außer Konkurrenz.
Setliste: Die By The Sword; Pandemic; Starlight; Koolaid; No Regrets; Slaves to Metal; Hellfire; Analog Man; T.V. War; Princess of the Dawn; Up to the Limit; Ahead Of The Pack; Objection Overruled; Metal Heart; Teutonic Terror; Fast As A Shark; Demon's Night; Zugabe: Balls To The Wall; I'm A Rebel; Burning
Wer die Wahl hat, hat bekanntlich manchmal auch die Qual. So muss man sich etwa am zweiten Festival-Tag zwischen ACCEPT und ANNIHILATOR entscheiden. Für viele Fans in etwa so, als ob sie gefragt würden, welches denn nun das "Lieblingskind" sei... An sich ist die Idee, sich beide Bands anzusehen und zunächst in der Halle Jeff Waters und seiner Mannschaft beizuwohnen, im weiteren Verlauf des Sets jedoch zumindest einen "Ausflug" ins Open Air-Gelände zu wagen, um doch auch etwas vom anderen Schauplatz mitzuerleben, nicht unüblich und hat sich auch schon mehrfach bewährt. Nicht jedoch an diesem Abend, denn ab der Mitte des Sets werden keine Fans mehr in die Halle gelassen, da das Fassungsvermögen erschöpft ist. Das spricht logischerweise für ANNIHILATOR, die den Ansturm an Zuschauern auch von Beginn an mit einer energiegeladenen, dynamischen Show rechtfertigen. Angeführt wie gehabt von "Chef" Waters kredenzt das Quartett eine feine Auswahl sämtlicher Karriere-Highlights, lässt selbstredend aber auch das aktuelle Album "For The Demented" nicht zu kurz kommen.
Zwar ist die Reaktion auf den daraus gewählten Einstieg 'One To Kill' noch eher verhalten, doch schon bei 'King Of The Kill' geht einiges und als Jeff vor 'Set The World On Fire' Randy Black als "Special Guest" präsentiert, ist die Stimmung längst bestens. Das lässt sich auch für den Sound behaupten, vor allem die Gitarren von Jeff Waters und seinem Sidekick Aaron Homma kommen unglaublich druckvoll und fräsen sich förmlich in die Gehirnwindungen der Zuhörer.
Da ANNIHILATOR seit jeher für technisch anspruchsvolle Kost steht, lassen die beiden Protagonisten im Verlauf der Spielzeit allein durch ihre Fingerfertigkeit so manche Kinnlade gen Grundwasser tendieren. Anzufügen ist jedoch, dass es selbst für Nicht-Musiker eine Wonne ist, den beiden genau auf die Finger zu gucken. Man spürt förmlich, wie sie sich ergänzen.
Als einziger Mangel stellt sich die gegen Ende der Show hin nicht mehr ganz so souveräne Gesangsdarbietung von Jeff heraus. Vor allem bei den Oldies 'Phantasmagoria', 'Alison Hell' und 'Human Insecticide' merkt man ihm an, dass er seine Stimmbänder die gute Stunde zuvor ein wenig überbeansprucht hat. Ob er aus diesem Grund ankündigt, für die kommende Tournee im Herbst wieder einen Sänger mit im Boot zu haben? Man weiß es nicht so genau, ebenso wenig, ob es Jeff tatsächlich gelingen wird, Randy Rampage dafür zu gewinnen. Seinen Worten bei der letzten Ansage ist diesbezüglich jedenfalls reichlich Hoffnung zu entnehmen. Wollen wir Jeff dafür alles Gute wünschen, und ihm attesttieren, dass er sich über den Großteil des Sets auf jeden Fall auch am Mikro gut geschlagen hat.
Setliste: One To Kill; King Of The Kill; No Way Out; Set The World On Fire; W.T.Y.D.; Refresh The Demon; Ultraparanoia; Second To None; Twisted Lobotomy; Suicide Society; Phantasmagoria; Alison Hell; Human Insecticide
[Walter Scheurer]
Die Aufgabe, den zweiten Festival-Tag standesgemäß zu beenden, hat Horst Franz in diesem Jahr PRIMAL FEAR übertragen. Kein Problem für diese Truppe, die dieses Heimspiel selbstredend auszunutzen weiß und den Fans eine entsprechende Show liefert.
Pyro- und Rauch-Säulen von unterschiedlicher Intensität sind daher ebenso Bestandteile der anderthalbstündigen Aufführung wie eine entsprechende Light-Show. Angeführt von Ralf Scheepers versteht es das Quintett (das mit "nur" zwei Gitarristen, nämlich Alex Beyrodt und Tom Naumann aufläuft) von Beginn an, die letzten Kräfte der Zuseher zu mobilisieren und diese vor der wohlverdienten Nachtruhe sogar noch für Mitsing-Spielchen zu begeistern. Doch schon der Fünfer allein gibt optisch einiges her, nicht zuletzt, weil die beiden Gitarristen an den Flanken positioniert sind und mit ihren Arbeitsgeräten (Tom ist Linkshänder) von etwas weiter hinten in der Halle betrachtet, der Band nicht nur ein kompaktes, sondern auch ein symmetrisches Bild geben.
Da traditioneller Heavy Metal ohnehin (und Songs wie 'Final Embrace', 'In Metal We Trust' oder ganz besonders 'Angel In Black') mit zur Festival-Essenz zählt, ist es geradezu logisch, dass die Schwaben nach allen Regeln der Kunst abgefeiert werden. Auf Ralfs eher provokante Fragen, ob man denn tatsächlich noch fit genug für PRIMAL FEAR sei, schließlich gab es eine intensiven Festival-Tag zu absolvieren, reagiert das Publikum lautstark und beweist ihm mehrfach das Gegenteil. Die Recken sorgen also nicht nur für eine coole Show, sondern auch für einen feinen Tages-Abschluss, der gegen 00:30 ein umjubeltes Ende findet.
Dass danach auf weitere Acts verzichtet wird, stößt auf durchwegs positives Echo. Logisch, hat sich doch in den letzten Jahren herausgestellt, dass - völlig unabhängig vom Bekanntheitsgrad der jeweiligen Band – ab diesem Zeitpunkt ohnehin nur noch eine mehr als überschaubare Zuseherschar in die Halle gepilgert ist. In diesem Sinne: Gute Nacht!
[Walter Scheurer]
- Redakteur:
- Frank Jaeger